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Ein langjähriger Mitarbeiter erkennt mich als neue Führungskraft nicht an.
Mein Coaching-Klient hatte in einem neuen Unternehmen die Abteilungsleitung übernommen und damit die fachlich und disziplinarische Verantwortung für 45 Kolleginnen und Kollegen. Ein langjähriger Mitarbeiter, der schon 20 Jahre im Unternehmen war und mehrere Führungswechsel erlebt hatte, erkannt ihn als neue Führungskraft nicht an.
Er arbeitete vollkommen autonom an einem Projekt und die regelmäßig geplanten 1:1 Gespräche sagte er ab, „weil es im Projekt gerade wichtiges zu tun gibt“. Für neue Aufgaben hatte er „keine Zeit“. Und an die Absprache, meinen Coaching-Klienten mehr in sein Projekt einzubinden, hielt er sich nicht.
Inzwischen fragte sich mein Klient, wozu dieser Mitarbeiter in seinem Team ist, wenn er ihn gar nicht greifen und einbinden kann. Wie kann er es schaffen, das dieser Mitarbeiter ihn als Führungskraft anerkennt?
Mitarbeiter:innen und Mitarbeitern im Team, die schon sehr lange im Unternehmen sind, fällt es manchmal schwer, neue Führungskräfte anzuerkennen. Sie kennen ihre Aufgaben sehr gut. Sie wissen von den ungeschriebenen Regeln, sind gut vernetz und arbeiten sehr autonom an ihren Themen oder Projekten. Wieso sollten sie mit der neuen Führungskraft kooperieren und von dieser womöglich noch Aufgaben annehmen? “Ich weiß doch viel Besser als die neue Führungskraft, was es zu tun gibt und wie es im Unternehmen abläuft”, so die Ansicht. Manchmal spielt auch Frust rein, dass es mit der neuen Führungskraft schon wieder eine Veränderung gibt, die beim nächsten Führungswechsel wieder obsolet wird.
Mitarbeitende, die schon lange Jahr im Unternehmen sind, haben nicht nur fachliches Wissen, sie haben auch historisches Wissen. Vermeiden Sie es daher, sofort eigene (Umstrukturierungs-) Ideen durchzusetzen. Sie können von den langjährigen Mitarbeiter:innen viel über die Unternehmenskultur lernen, also über die ungeschriebene Prozesse und Regeln sowie verdeckten Rollen .
Bitten Sie den Kollegen oder die Kollegin, Ihnen zu helfen, im Unternehmen und auf Ihrer neuen Position Fuß zu fassen. Nutzen Sie ihn bzw. sie als Mentorin („Sie kennen das Unternehmen seit 20 Jahren. Könnten Sie mir helfen, die wichtigsten zu verstehen?“ ) Bitten Sie um regelmäßigen Wissenstransfer („Ich möchte von Ihrer Erfahrung lernen – können wir uns einmal im Monat 30 Minuten austauschen, wie bestimmte Prozesse historisch gewachsen sind?“).
Fragen Sie, wie die informellen Arbeitsprozesse und Strukturen im Unternehmen sind. Wie wurden bisher Aufgaben verteilt oder Arbeitsanweisungen kommuniziert? Wie wurden Entscheidungen getroffen und Ergebnisse präsentiert? Welche wichtigen Netzwerke gibt es?
Um fachlich in das Thema einzusteigen, vereinbaren Sie regelmäßige Vier-Augen Gespräche. Woran arbeitet der Kollege oder die Kollegin gerade. Welche Ergebnisse werden abgeliefert? Erfahren Sie mehr und denken Sie sich in das Projekt ein. Überlegen und fragen Sie, wobei Sie unterstützen könnten. Sprechen Sie erst später, nach einigen Terminen, über die zeitliche Eingebundenheit. Und ob Interesse an neue Aufgaben besteht.
Werden diese Termine oft abgesagt und Sie damit nicht involviert? Das können Sie als Führungskraft einmal, vielleicht auch zweimal akzeptieren. Danach ist ein klärendes Gespräch unabdingbar!
Spannungen, Störgefühle oder Konflikte mit Mitarbeiter:innen anzusprechen, fällt vielen (neuen) Führungskräften schwer. Denn im beruflichen Kontext werden Beziehungsthemen gerne „unter den Teppich gekehrt“ oder schnell wieder beendet. Das Vier-Augen-Gespräch wird gerne auf sachliche, fachliche oder organisatorische Belange gelenkt. Wir sind ja hier bei der Arbeit!
Haben Sie als Führungskraft aber ein Störgefühl, z.B. weil die 1:1 Gespräche oft abgesagt werden, der Mitarbeiter nicht greifbar ist, oder die Aufgaben nicht übernommen werden, sprechen Sie das unbedingt an. Klären Sie die Beziehung!
Wie das am besten geht?
Kündigen Sie das 1:1 Gespräch so an, dass es nicht abgesagt werden darf und dass es darin um die Zusammenarbeit geht – und zwar nur über die Zusammenarbeit!
Im Gespräch geben Sie dann Beispiele, was aus Ihrer Sicht in der Zusammenarbeit gut funktioniert und dann das, was optimierbar ist. Benennen Sie konkret ihr Störgefühl und beschreiben Sie, wie Sie die Zusammenarbeit statt dessen gerne hätten, was Sie erwarten!
Ergänzen Sie die Beispiele mit Selbstoffenbarungen, also was die Situation mit Ihnen gemacht hat. Welche Gefühle und Gedanken hatte das Verhalten oder die Aussage des Mitarbeitenden bei Ihnen als Führungskraft ausgelöst? Diese Selbstoffenbarung ist wichtig, damit das Gegenüber nicht wieder auf die Sachebene abdriftet. Und damit geben Sie dem Mitarbeitenden die Möglichkeit, die Auswirkungen ihres bzw. seines eigenen Verhaltens auf Sie und die Beziehung zwischen ihnen beiden zu verstehen.
Selbständiges Arbeit? Gerne – solange Sie als Führungskraft informiert sind, den Stand der Dinge und die Ergebnisse mitbekommen. Aufgabenzuordnung oder Arbeitsanweisungen ignorieren? Nicht mit Ihnen!
In der Beziehungsklärung geht es darum, die gegenseitigen Erwartungen zu besprechen, Grenzen zu setzen sowie Spannungen bzw. Störgefühle zu beseitigen.
Um als neue Führungskraft anerkannt zu werden, braucht es nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch gute Beziehung. Beachten Sie, dass vor allem langjährige Mitarbeiter:innen schon viel erlebt haben, vielleicht schon einige neue Führungskräfte und Umstrukturierungen. Zeigen Sie dafür Verständnis. Zudem haben langjährige Mitarbeiter:innen Wissen über ungeschriebene Prozesse und Regeln sowie informelle Rollen. Nutzen Sie dieses Wissen, bevor Sie etwas umstrukturieren wollen.
Können Sie keine gute Beziehung aufbauen, braucht es eine Beziehungsklärung. Überlegen Sie in diesem Kritikgespräch gemeinsam mit dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin quasi „als Team“, wie sie die gegenseitigen Erwartungen, Bedürfnisse und Interessen in Zukunft beachten können.
Gerne stehe ich Ihnen als Gesprächspartnerin und Impulsgeberin zu den Themen Beziehung klären, Führungskraft gewinnen, Kommunikation Verbessern und Zusammenarbeit gestalten zur Verfügung. Ebenso als Konflikt-Coach bzw. Businness-Mediatorin, wenn Spannungen nicht alleine abgebaut werden können. Machen Sie gleich einen Termin für ein unverbindliches Kennenlerngespräch mit mir.
Claudia Seidel
Coaching Methoden
Kritikgespräch in Anlehnung an Gisela Blümmert mit eigenen Anpassungen, die ich aus meinen Führungksräftecoachings mitgenommen habe.