Ich werde in Meetings immer stiller… was kann ich dagegen tun?

Aus dem inneren Rückzug wieder ins Gespräch finden

Sie sind in einer Videokonferenz und merken, dass Sie langsam unruhig und dann immer teilnahmsloser werden. Anfangs hatten Sie sich noch zu Wort gemeldet, aber nun sagen Sie gar nichts mehr und sind auch nicht mehr bei der Sache. Erst nach dem Meeting erkennen Sie, woran der innerliche Rückzug lag: Das Thema der Einladung war „Wie können wir vom Vorstand euch unterstützen“. Die Botschaft des Vorstands im Gespräch war hingegen: „Ihr müsst euch mehr anstrengen!“. Sie ärgern sich. Es war nicht das erste Mal, dass Sie sich in Meetings zurückgezogen haben und still wurden. Sie möchten gerne, dass sich das ändert, wissen aber nicht wie.

Warum werden Sie in Meetings immer stiller?

Wenn Sie in Meetings passiv und teilnahmslos werden, hat das mit Sicherheit einen Grund. Vielleicht dreht sich die Diskussion im Kreis oder das Thema betrifft Sie nicht? Vielleicht sind Sie eingeschüchtert von der “Kompetenz”, der Lautstärke oder der Denkgeschwindigkeit anderer? Oder liegt es vielleicht daran, dass Ihre Erwartungen nicht erfüllt werden? So wie im Beispiel oben die Diskrepanz zwischen Thema der Einladung und den Worten des Vorstands in der Videokonferenz?

Gehen Sie der Ursache auf den Grund. 
Nehmen Sie Ihren Rückzug zunächst einmal an. Begreifen Sie Ihr Verhalten als eine Art Partner, als Hüter:in eines ihrer Werte oder  als inneres Teammitglied und “befragen sie es”: Was stimmt hier nicht, so dass ich mich nicht mehr beteilige und zurückziehe?

Den innerlichen Rückzug überwinden

Um sich in Besprechungen einzubringen und aktiv daran teilzunehmen ist es wichtig, einen innerlichen Rückzug zu überwinden. Sind Sie sich noch nicht sicher, warum Sie nichts mehr sagen, könnten Sie den anderen beispielsweise genau das mitteilen: „Ich merke gerade bei mir ein innerliches Unbehagen, so dass ich nichts mehr sage. Ich kann den Grund dafür allerdings noch nicht so richtig fassen und formulieren.“ So wissen die andren erst einmal, warum Sie so still sind.
Sobald Sie erkannt haben, warum Sie sich innerlich zurückziehen, Sprechen Sie diesen Punkt in der Runde an, damit das alle gemeinsam ändern können. Oft denken andere nämlich ähnlich, trauen sich aber (auch) nicht, etwas zu sagen. Bezogen auf das Eingangsbeispiel könnten Sie sagen “Ich habe gerade ein Störgefühl: In der Einladung wurde die Frage gestellt, wie der Vorstand uns unterstützen kann, jetzt wird in meiner Wahrnehmung eher darüber geredet, was wir alle verbessern sollen.” Bei unendlichen Diskussionen könnten Sie sagen: „Ich werde gerade immer stiller, weil sich in meinen Augen die Diskussion im Kreis dreht. Ich würde gerne weiterkommen und zum nächsten Agendapunkt gehen.“ Mal sehen, wie die anderen reagieren. Die aktiv diskutierenden mögen es vielleicht nicht, von den anderen kommt bestimmt ein “ja gerne” (-;
Liegt der innerliche Rückzug an einer gefühlten Einschüchterung, werden Sie sich wahrscheinlich nicht trauen, etwas zu sagen. Oder doch? Wie wär’s mit: “Wow, ich bin gerade ganz eingeschüchtert, weil hier so viel Kompetenz im Raum ist”. Mit einem lächeln ist es dann erst einmal raus und Sie haben immernoch die Wahl, sich zu beteiligen oder still zu bleiben. Vielleicht fragt Sie dann ja sogar eine der “Koryphäen” wohlwollend um Ihre Meinung?

5 Tipps wie Sie nach einem innerlichen Rückzug wieder ins Gespräch finden:

  1. Nehmen Sie den innerlichen Rückzug wertschätzend an (er will Ihnen etwas mitteilen)
  2. Gehen Sie der Ursache auf den Grund
  3. Sprechen Sie Ihr Unwohlsein an, oft geht es anderen ähnlich
  4. Nehmen Sie mögliche Unterstützung von anderen Teammitgliedern an
  5. Üben Sie alternative Verhaltensweisen ein, z.B. in einem Businesscoaching

Unterstützung von anderen Teammitgliedern

Einen Rückzug oder ein Unbehagen anzusprechen hat den Vorteil. dass dann die anderen im Meeting davon wissen. Oft bekommen sie es sonst gar nicht mit. Sobald jemand im Team aber den Rückzug oder das Störgefühl anspricht, nehmen sich die übrigen Kolleginnen und Kollegen idealerweise einen Moment Zeit, um den Ursprung zu erkunden. Oft geht es ja anderen ähnlich, sie trauen sich aber nicht, es auszusprechen und sind froh, über Ihre Initiative. Daher ist es richtig und wichtig, darauf hinzuweisen.
In einem Unternehmen mit Coaching-Kultur würde immer jemand aus dem Team oder die Führungskraft die Frage stellen: „Was brauchst du, um wieder aktiv dabei zu sein?“ Hinweise auf endlose Diskussionen würden dankend angenommen werden. Und stiller werdende Meeting-Teilnehmende würden durch geschlossene Fragen, durch Meinungsabfragen per Karten oder Notizen im Chat zur Teilnahme ermuntert.

Im Business Coaching mehr erfahren

Im Coaching von Fach- und Führungskräften nehme ich mit Ihnen Ihre “nervenden” sowie förderlichen Teammitglieder* genauer unter die Lupe. Anhand von praktischen Übungen gehen wir unbehagliche Situationen durch und zwar nicht nur kognitiv, sondern lebhaft. Dabei werden die verschiedenen Teammitglieder emotional und körperlich erfahrbar und Alternativen eingeübt. So steigt die Chance, dass Sie das nächste Mal ein aufkommendes Unwohlsein während eines Meetings umlenken können.
Und so wie Sie den innerlichen Rückzug unbewusst jahrelang geübt haben, braucht auch das alternative Verhalten viel und kontinuierliche Übung. Gerne unterstütze ich Sie dabei.

Claudia Seidel

Coaching Methoden

*Das Innere Team ist ein Konzept von Schulz von Thun.
Die 4 Stolpersteine der Kommunikation basieren auf den vier apokalyptischen Reitern der Paarbeziehung von John Gottmann.
Das coachen von “nervenden” Teammitglieder (Triggerd Selves) ist eine Methode von ORSC™.
“Hüter:in eines Wertes” ist ein Begriff von Sebastian Mauritz u.a. aus der Resilienz Coach Ausbildung.

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