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Ich weiß gar nicht, um was für einen Konflikt es hier geht.
„Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie (die Ehebrecherin).“ – Diese Worte aus dem Johannesevangelium, habe ich als Kind oft in der Kirche gehört. Vielleicht hätte ich diesen Satz bei einer kürzlich durchgeführten Business-Mediation im Hinterkopf haben sollen, als die eine Partei fragte: „Um was geht es hier eigentlich? Was ist der Konflikt? Es geht doch nur um die Sache!“
Hinter diesen Fragen verbarg sich die Ansicht, dass es keinen wirklichen gKonflikt gäbe, sondern lediglich sachliche Vorfälle, die nach formalen Verfahren und Gesetzen zu beurteilen seien. Was steht im Gesetz? Was ist im Vertrag oder in der Stellenbeschreibung?
Doch auch in der Geschäftswelt spielen menschliche Bedürfnisse, Befindlichkeiten, Werte, Sorgen, Ängste und vor allem Beziehungen eine entscheidende Rolle — das sehen leider nicht alle.
Voraussetzung zum Gelingen einer Business-Mediation ist die freiwillige, offene und ehrliche Mitarbeit der Konfliktparteien unter Einbeziehung der Beziehungsebene. Jeder Konflikt beeinfluss die Beziehung – ansonsten wäre es lediglich Kritik. Doch wer kann schon Kritik einstecken, ohne dass die Beziehung darunter leidet? Die meisten Menschen fühlen sich durch Kritik gekränkt. Diese Kränkungen anzuerkennen und auszusprechen ist Voraussetzung für nachhaltige Konfliktlösungen.
Erst wenn beide Konfliktbeteiligte bereit sind, die Perspektive des anderen anzuerkennen und dessen Bedürfnisse oder verletzten Werte zu sehen, erst dann besteht die Chance, dass die Konfliktparteien wieder aufeinander zugehen, den Konflikt auf der Sachebene lösen und Vereinbarungen für die weitere Zusammenarbeit auf der Beziehungsebene treffen. Fühlt sich hingegen eine Partei unbeteiligt, nach dem Motto „Ich mache doch alles richtig, ich halte mich an die Vorschriften“, kann die Mediation scheitern.
Eine Partei, die meint, mit dem Konflikt nichts zu tun zu haben, zeigt keinerlei Empathie und Reflexionsvermögen. Diese Person kann oder will sich nicht in die andere Partei hineinversetzen und anerkennen, dass diese unter der Situation leidet. Sie sieht sich als unbeteiligte, vielleicht sogar als Opfer. Rational ist doch alles in bester Ordnung – und der Sachverhalt schon beim Betriebsrat, weil die andere Partei sich nicht an die formalen Kriterien gehalten hat.
Kollegen, die beim Benennen von Spannungen und Konflikten mit Unverständnis reagieren und sich unbeteiligt fühlen, wenn ihnen jemand mitteilt, dass er/sie sich in der Zusammenarbeit nicht wohl fühlt, werden leider kaum auf Einlenkungs- und Lösungsversuche eingehen – auch nicht in einer Business-Mediation. Es sei denn, es gelingt in Einzelgesprächen, diese Person zum Perspektivwechsel und zum emotionalen Verständnis (also ins Fühlen) zu bringen. Ihr zu zeigen, dass auch sie verletzte Bedürfnisse oder Erwartungen hat, die ihr Konfliktverhalten beeinflussen. Und das die Konflitklösung nicht alleine auf der Sachebene stattfinden kann, sondern zudem die Beziehungsebene zu klären ist, wenn beide in Zukunft weiter zusammen arbeiten wollen.
Mit Sachebene ist gemeint, wie sich der Sachverhalt abgespielt hat oder darlegt. Hierunter fällt alles, was auf einem Video zu sehen wäre, also auch die Worte oder Gesten.
Was dies alles mit einem selber und der Beziehung zu einer anderen Person macht, das liegt auf der Beziehungsebene. Hierunter fallen Erwartungen und Enttäuschungen, Bedürfnisse und Werte, verdeckte Interessen und Ängste.
Ein Beispiel:
Bekommt mein Kollege X ein Projekt, was ich selber gerne gemacht hätte, liegt die Aufgabenzuweisung auf der Sachebene. Meine Enttäuschung darüber liegt auf der Beziehungsebene. Zum einen auf meiner individuellen Beziehungsebene, also meiner Beziehung zum Projekt, warum ich es gerne übernommen hätte, was mich daran interessiert hat. Zum anderen auf der Beziehungsebene zu meinem Kollegen X, den ich ab jetzt überkritisch beäuge und möglichst viel kritisiere. Den ich also spüren lasse, dass das Projekt bei mir besser aufgehoben wäre.
Im Rahmen von Konflikt-Coachings spreche ich in Einzelgesprächen mit jeder Konfliktpartei unter 4-Augen. Dabei erkunde ich mit dieser die verschiedenen Perspektiven auf das Geschehene. Der Sachverhalt ist die eine Seite, die Art und Weise des Miteinanders – also die Beziehung – die andere. Denn die Beziehungsebene hat weit mehr Einfluss auf die Zusammenarbeit, als viele glauben.
In diesen Konflikt-Coachings „tauche! ich tief in die Bedürfnissen, Interessen, Werten und Erwartungen ein. Ich frage nach Enttäuschungen und Störungen. Wann war das Miteinander mal gut, wann nicht? Was ist da passiert?
Ich lade die beteiligten in 4-Augen-Gesprächen dazu ein, die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Wen beeinflusst die Situation? Welchen Einfluss hat die Situation auf das Team, den Bereich und die Kunden? Was ist der eigene Anteil am Konflikt und was könnte verändert werden?
Ich stelle frage wie: Was steht auf dem Spiel? Für sie selbst, für die andere Partei, für die Führungskraft, das Team, die Kunden? Ich frage nach den Erwartungen an die andere Person – und ob diese umsetzbar sind.
Den Hinweis, dass kein Mensch unfehlbar ist, also nie einen Fehler macht oder etwas unbedachtes sagt, das habe ich bisher noch nicht angesprochen. Heute sehe ich es als letzte Chance, rational-sachliche Konfliktparteien dazu zu bewegen, den eigenen Anteil am Unwohlsein des Gegenübers zu erkennen – und hoffentlich einzulenken.
Eine Business-Mediation ist dann sinnvoll, wenn Konfliktparteien alleine und Konfliktparteien mit der Führungskraft zusammen keinen Weg aus dem Konflikt finden. Dabei ist es unabdingbar, dass sich die Konfliktparteien öffnen und auf die Beziehungsebene schauen, also verletzte Werte, Bedürfnisse und unausgesprochene Gedanken offenlegen. Damit das passiert, bereite ich mit den Konfliktparteien die Lösungsphase in 4-Augen-Gesprächen vor.
Eine Business-Mediation funktioniert leider nicht (nachhaltig), wenn der Konflikt lediglich auf der Sachebene gelöst werden soll, ohne zuvor die Beziehungsebene zu klären und diesen Anteil anzuerkennen. Und sie scheitert, wenn eine Partei den Konflikt gar nicht lösen will. Dann bleibt nur das Machtwort – sei es von der Führungskraft, dem Betriebsrat oder einem Gericht.
In der Hoffnung, das immer mehr Menschen rechtzeitig eine Business-Mediation in Anspruch nehmen und Bedeutung der Beziehungsebene bei Konflikten an-/erkennen verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,
Claudia Seidel
Gerne unterstütze ich Sie in einer Business-Mediation bei der Lösung von Konflikten und dem Treffen von Vereinbarungen für die zukünftige Zusammenarbeit. Schicken Sie mir eine E-mail, rufen Sie mich an oder machen Sie gleich einen Termin für ein unverbindliches Gespräch mit mir aus.
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Business-Mediation mit Inhalten der Ausbildung in Business-Mediation bei competence on top wie z.B. das Eisbergtauchen
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