Eine Chefin zu haben, war immer das Ziel meiner Coaching-Klientin. Frauen kommunizieren bestimmt besser als Männer. Sie zeigen mehr Verständnis, nehmen Rücksicht, sind sanfter im Umgang mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. So die Erwartungen meiner Coachee, die mit männlichen Führungskräften schon öfters schlechte Erfahrungen gemacht hat. Bis sie sich dann auch von einer weiblichen Führungskraft kühl und überrumpelt behandelt fühlte.
Kein Hallo. Kein Gespräch auf Augenhöhe. Nur Vorwürfe.
Meine Klientin schilderte eine Situation, die für sie emotional sehr aufwühlend war und sie überrumpelte: Direkt nach einem stressigen Teammeeting wurde sie ins Büro ihrer Chefin gebeten. Als sie ankam, stand ein anderer Kollege neben ihr. Ohne Begrüßung oder kurze Orientierung begann ihre Chefin mit scharfer Kritik.
„Was war das gerade von Ihnen?“
Meine Klientin fühlte sich kalt erwischt.
Sie beschrieb sich selbst als harmonieorientiert, freundlich und kooperativ. Sie hatte gehofft, mit einer Frau als Chefin würde sie genauso behandelt werden. Kritik käme vorsichtig und freundlich. Doch in diesem Moment fühlte sie sich von Ihrer Chefin hart angegangen. Sie tat, was viele tun würden: Sie hörte zu, schämte sich, nickte, sagte Ja – und wollte innerlich nur noch raus.
Beschämung, Sprachlosigkeit, Fluchtgedanken
Besonders belastend war für meine Coachee das Gefühl, vor einem anderen Kollegen bloßgestellt worden zu sein. Und dass sie sofort einen Vorwurf bekam, ohne Vorwarnung. „Sie hat einfach losgelegt. Ohne zu sagen, worum es genau geht. Ich war so überrumpelt, dass ich gar nichts mehr sagen konnte.“
Meine Klientin schilderte diesen Moment als einen, der sie beschämte – nicht äußerlich, aber innerlich, tief. Sie spürte, wie sich ihr Körper verspannte, wie ihre Gedanken aussetzten, wie ihr nur noch ein einziger Wunsch blieb: Flucht.
Im Nachhinein war sie nicht nur wütend auf ihre Chefin – sondern auch auf sich selbst. „Warum habe ich das mit mir machen lassen?“, „Wieso habe ich nichts gesagt?“
Im Coaching arbeiteten wir gemeinsam an ihren Fragen
Denn obwohl die Situation von außen betrachtet „nur“ ein unangenehmes Gespräch war, fühlte es sich für sie wie eine Art Schelte an. Sie war dieser Ausgeliefert, konnte kaum noch zuhören, erstarrte und fühlte sich dem ausgeliefert.
Wir sprachen darüber, dass Flucht, Erstarren oder Kampf automatische Reaktionsmuster unseres Nervensystems bei gefühlter Bedrohung sind. Es sind archaische Muster aus uralten Zeiten. Auch wenn hier objektiv keine echte Bedrohung vorlag – subjektiv fühlte es sich genauso an.
Mit männlichen Chefs hatte meine Coachee harsches anfahren und „klein-gemacht-werden“ schon häufiger erlebt. Die Enttäuschung, das auch bei einer Frau zu erleben, war groß. Das Sie sich wehren und deshalb ein neues Verhaltensmuster aneignen muss, wurde ihr nun klar.
Verhaltensmuster erkennen
Meine Klientin erkannte: Es ging also nicht nur um die Art und Weise, wie ihre Chefin mit ihr kommuniziert. Es ging auch um ihr eigenes Reaktions-Muster darauf: Wenn der Ton scharf wird, fühlt sie sich angegriffen. Und anstatt sich zu wehren will sie einfach nur weg. Sie hat Angst vor der Eskalation.
Im Coaching neue Handlungsoptionen entwickeln.
Wenn Sie im Beruf von Kollegen oder Vorgesetzten irritiert ist, sich überrumpelt oder angegriffen fühlen, ist es wichtig, das nicht runter zu schlucken und für sich zu behalten. Klein beigeben mag erstmal deeskalierend wirken. Aber dem Gegenüber, wie oben der Chefin, klar zu machen, was ihr Verhalten bei Ihnen bewirkt, ist der erste Schritt für ein neues Miteinander auf Augenhöhe.
Die Sprache wiederfinden und einen Kommentar parat haben
Sie übte verschiedene Sätze, um ihre Chefin auf ihre Irritation hinzuweisen und kam auf: „Ich bin gerade irritiert. Können Sie mir bitte zunächst sagen, worum es geht, bevor wir einsteigen?“
Weil es ihr in solchen Situationen aber schwer fällt, klare Gedanken zu fassen (was irritiert mich gerade wirklich?), geschweige denn, diese Gedanken zu formulieren, entwickelte sie einen allgemeingültigeren Satz: „Das überrascht und irritiert mich jetzt – ich brauche einen Moment, um mich zu sortieren.“
Das Ziel: Durch das Aussprechen der Irritation Zeit gewinnen und wieder handlungsfähig werden.
Scham erkennen, vorbeugen oder überwinden
Ein zentraler Punkt war das Thema Scham. Vor anderen Kollegen harsch angemacht zu werden verunsichert sie noch mehr, es beschämt sie.
Wir sprachen darüber, wie es gelingen kann, sich vor beschämenden Situationen zu schützen:
Indem sie frühzeitig anspricht, was sie braucht – und sich das Recht auf respektvolle Kommunikation nimmt. Und das Problem nicht bei sich sieht, sondern beim Gegenüber. Schließlich hätte ihre Chefin dafür sorgen müssen, Kritik unter 4 Augen zu äußern. Darauf kann sich meine Coaching-Klientin (gedanklich) ruhig berufen.
Präsenz statt Flucht – mit Körper und Haltung
Um aus dem Fluchtgedanken raus zu kommen, ist es wichtig, wieder in einen guten emotionalen Zustand zu gelangen. Das geht durch eine bewusste Haltung – innerlich und äußerlich.
Meine Coaching-Klientin überlegte, welche innere Haltung ihr helfen würde, wieder einen klaren Gedanken zu fassen und kam auf „Ich bin es wert, respektvoll behandelt zu werden“.
Dann erarbeiteten wir die äußere Haltung, also welche Körperhaltung, mit der inneren einher geht. Sie probierte einiges aus und ich gab ihr Feedback. Wir stellten fest, dass sie durch die bewusste Körpersprache: „gerader Stand, ruhiger Atem, freundlicher, klarer Blick“ auch unter Druck souverän wirken kann. Und siehe da: sie fühlte sich damit wirklich gleich besser.
Denn: Die äußere Haltung beeinflusst unsere innere – und umgekehrt. Und mit der Haltung kommt das Fühlen. Und die Sprache zurück.
Sich bei Konfrontationen beschämt zu fühlen und die Flucht ergreifen wollen, anstatt sich zu wehren und den Mund auf zu machen, ist ein typisches Menschliches Verhaltensmuster, vor allem von Frauen. Doch es kann durch Coaching und viel Übung durchbrochen werden. Nicht immer, aber immer öfters.
6 Schritte, wie Sie bei Überrumpelungen durch harte Konfrontation ihre Beschämung und das Fluchtgefühle überwinden können und wieder ihre Sprache finden:
- Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre unguten Gefühle, auch wenn sie von anderen und deren Verhalten ausgelöst wurden.
- Damit andere in ihrem Beruflichen Umfeld die Wirkung auf Sie mitbekommen und damit ihr Verhalten ändern können: ,Sprechen Sie sofort in der Situation ihre Irritation und ihr ungutes Gefühl an. Notfalls mit einem kurzen, allgemeinen: „Ich fühl mich jetzt total überrumpelt?“
- Bewahren Sie sich eine würdevolle Haltung. Bleiben sie aufrecht. Behalten Sie einen festen Blick. Atmen Sie tief durch. Mit dieser Haltung tritt automatisch die Scham in den Hintergrund.
- Ergreifen Sie nicht sofort die Flucht! Benennen Sie Klar und ohne Umschweife ihre Erwartung, um dieses Gespräch fortführen zu können.
- Beugen Sie vor: Achten sie darauf, was Sie brauchen, um in Gesprächen in einem guten Zustand zu sein. Stellen Sie diesen selbstverantwortlich her. Nur dadurch bleiben Sie handlungsfähig. Kommunizieren sie Ihre Erwartungen an andere, damit auch diese wissen, was Sie brauchen.
- Üben, üben, üben, idealerweise in weniger konfrontativen Situation.
Bei Konfrontation: Ansage statt Flucht
Dies oben geschilderte Erfahrung meiner Klientin, sich bei Konfrontation zu schämen und die Flucht zu ergreifen, anstatt etwas zu sagen und für sich zu sorgen, ist kein Einzelfall. Aus dem Wunsch nach Harmonie scheuen viele die Eskalation.
Viele Menschen wünschen sich Harmonie, Rücksichtnahme, Empathie und Kommunikation auf Augenhöhe, auch von Führungskräften – vor allem wenn die Führungskraft weiblich ist. Und sind umso enttäuschter, wenn auch dort „professionelle“ Kühle oder Druck spürbar werden.
Die gute Nachricht: Unsere Reaktionen auf solche Situationen sind veränderbar.
Wir können lernen, auch unter klarer Kühle oder Druck bei uns zu bleiben – mit Haltung und einem guten inneren Kompass. Und einer Ansage.
Im Coaching unterstütze ich Sie dabei,
- Ihre Gefühle frühzeitig zu erkennen, zu benennen und in den Griff zu bekommen
- sich nicht mehr kleinmachen zu lassen
- in schwierigen Momenten handlungsfähig und präsent zu bleiben
- ihre Bedürfnisse auszusprechen.
Wollen Sie in ähnlichen Situationen souveräner sein?
Dann lade ich Sie herzlich ein:
Buchen Sie jetzt ein Coaching mit mir – persönlich, professionell und auf Augenhöhe.
Claudia Seidel